EuroCloud ergreift die Initiative Wenn der Cloud Native dem Systemhaus hilft

Von Michael Hase

Viele Systemhäuser tun sich schwer, die Cloud-Transformation aus eigener Kraft zu bewältigen. Der Verband EuroCloud zieht daraus die Konsequenz und will die Mitglieder der beiden Initiativen Channel2Cloud und EuroCloud Native (ECN) stärker miteinander vernetzen.

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Arbeiten klassische Channel-Unternehmen und Cloud-Spezialisten zusammen, profitieren idealerweise beide Seiten davon.
Arbeiten klassische Channel-Unternehmen und Cloud-Spezialisten zusammen, profitieren idealerweise beide Seiten davon.
(Bild: fotomek - stock.adobe.com)

Die Cloud kannibalisiert das Geschäft der Systemhäuser. Je mehr Workloads ihre Kunden zu den Hyperscalern migrieren, umso weniger Infrastrukturprodukte verkaufen sie. Doch der ITK-Markt entwickelt sich nun mal in diese Richtung: Infrastructure as a Service zählt zu den schnellst wachsenden Segmenten. Es gibt daher zwei gute Gründe für Systemhäuser, sich mit Cloud zu befassen. Zum einen können sie, selbst wenn sie in einer hybriden Welt ­heute noch genügend Einnahmen mit Verkauf und ­Integration klassischer Systeme erzielen, nicht davon ausgehen, dass sie damit auch in ein paar Jahren noch über die Runden kommen. Zum anderen sollten sie auch den Teil der IT ihrer Kunden verstehen, der in der Cloud läuft, um sie ganzheitlich betreuen zu können.

Felix Höger, Vorstand bei EuroCloud, sieht die Stärke der Systemhäuser in ihrem Kundenzugang als Trusted Advisor.
Felix Höger, Vorstand bei EuroCloud, sieht die Stärke der Systemhäuser in ihrem Kundenzugang als Trusted Advisor.
(Bild: EuroCloud)

Die Notwendigkeit, dass sich Systemhäuser transformieren, sieht man auch bei EuroCloud Deutschland. „Der Channel kämpft mit der Disruption des Geschäfts“, beobachtet Felix Höger, Vorstand des Verbands. Gemeinsam mit seinem Vorstandskollegen Bernd Krakau hat er daher vor gut einem Jahr die Initiative Channel2Cloud ins Leben gerufen. Sie soll Unternehmen aus dem ITK-Fachhandel durch Beratung, Workshops oder den Austausch mit Experten die nötige Cloud-Kompetenz vermitteln und sie zugleich mit dem Managed-Service-Modell vertraut machen. Denn Cloud geht, anders als das herkömmliche Systemhausgeschäft, häufig mit einer kontinuierlichen Leistungserbringung einher, die monatlich vergütet wird.

Vor allem kleinere Unternehmen tun sich jedoch schwer, das erforderliche Wissen selbst aufzubauen. Zu groß sind die Unterschiede, die sich zwischen On-Premises und Cloud bei Technologien, Verfahren und Tools auftun. Diesen Häusern fällt es aber auch nicht leicht, Experten am Arbeitsmarkt zu rekrutieren. Um dennoch am Cloud-Geschäft partizipieren zu können, rät ihnen EuroCloud-Vorstand Höger, mit spezialisierten Dienstleistern zu kooperieren. Innerhalb des Verbands hat er dafür schon die geeigneten Kandidaten im Auge: Wenige Monate vor Channel2Cloud, im September 2020, hat sichdie Initiative EuroCloud Native (ECN) formiert. Sie wird von Nils Kaufmann geleitet und richtet sich an kleinere Dienstleister und Lösungsanbieter, die ihr Geschäftsmodell weitgehend auf die Hyperscaler und ihre Services ausrichten. Inzwischen gehören der Initiative mehr als 20 Mitglieder an.

Förderung des Dialogs

Der Plan ist es, beide Gruppen, Systemhäuser und Cloud Natives, näher zusammenzubringen, damit sinnvolle Kooperationen entstehen. Kontakte sollen beispielsweise über gemeinsame Events hergestellt werden oder indem Mitglieder der einen Initiative auf Veranstaltungen der anderen eingeladen werden. „Wir fördern den Dialog und wollen insbesondere Systemhäusern die Scheu nehmen, mit anderen Dienstleistern zu kooperieren“, betont Kaufmann. Durch die Vernetzung möchte EuroCloud sie in die Lage versetzen, schnell geeignete Spezialisten zu finden, wenn sie bei Kunden auf eine Aufgabenstellung stoßen, die cloudspezifische Kompetenz erfordert, zum Beispiel auf Gebieten wie Machine Learning, Containerisierung, Industrial IoT oder Cloud-Sicherheit.

Zusammenarbeit erfordert grundsätzlich gegenseitiges Vertrauen. In ITK-Projekten befürchtet nicht selten derjenige, der ein Unternehmen als angestammter Dienstleister betreut, dass ihm ein unterstützender Kooperationspartner am Ende den Kunden wegnehmen könnte. Diese ­Befürchtung ist unter den ECN-Mitgliedern allerdings weit weniger verbreitet. „Es gehört zu ihrer DNA und sie sind es von Anfang an gewohnt, mit anderen zu kooperieren“, erläutert Kaufmann. Dafür gibt es einen ­guten Grund: Cloud Natives sind in der ­Regel hochspezialisiert, was der Komplexität der Plattformen und der stetig wachsenden Vielfalt der Services, die darauf bereitgestellt werden, geschuldet ist. Ihre Kompetenz erstreckt sich oft sogar nur auf einen Hyperscaler.

Trusted Advisor des Mittelstands

Systemhäuser verfolgen dagegen einen ganzheitlichen Ansatz und verstehen sich als erster Ansprechpartner ihrer mittelständischen Kunden in allen Fragen der IT. Diesen Anspruch können und wollen ihnen Cloud Natives wegen ihres hohen Spezialisierungsgrades gar nicht streitig machen. Vielmehr können diese fokussierten Dienstleister vom Kundenzugang der Systemhäuser profitieren. „Ich sehe ihren USP darin, dass sie als Trusted Advisor in ihrer Region den unmittelbaren Kontakt zu Business-Entscheidern aus dem Mittelstand halten“, führt Höger aus. „Und dieser Kontakt macht, was oft unterschätzt wird, die große Stärke der Systemhäuser aus.“

Nils Kaufmann, Leiter EuroCloud Native (ECN), setzt sich für die Belange junger Cloud-Dienstleister ein.
Nils Kaufmann, Leiter EuroCloud Native (ECN), setzt sich für die Belange junger Cloud-Dienstleister ein.
(Bild: EuroCloud)

Mit der steigenden Komplexität des IT-Geschäfts, die auch auf die voranschreitende Cloud-Transformation bei den Anwendern zurückgeht, tun sich insbesondere kleinere Systemhäuser immer schwerer, ihren Kunden alle Leistungen aus einer Hand anzubieten. Diese Entwicklung nötigt sie dazu, stärker mit anderen zu kooperieren.

Wenn sie nun ihre Kräfte mit Cloud Natives bündeln, entsteht aus Sicht der EuroCloud-Aktivisten eine Win-Win-Situation: Durch den Kundenzugang der Systemhäuser kommen ECN-Mitglieder, bei denen es sich meist um junge Dienstleister handelt, an neue Aufträge. Systemhäuser wiederum können, wenn sie sich die Skills der Cloud-Spezialisten zunutze machen, ihr Leistungsspektrum über die klassische Welt der Client-Server-Architekturen hinaus erweitern und ihre Kunden weiterhin umfassend betreuen. Zugleich erlangen sie im Austausch mit den spezialisierten Kooperationspartnern ein tieferes Verständnis der Cloud, das für ihr Geschäft immer wichtiger wird. Denn die Zukunft der IT liegt in der Cloud.

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