Von der Systemhaus-Transformation zur digitalen Verwaltung: EuroCloud-Vorstand Bernd Krakau widmet sich neuer Aufgabe
Bernd Krakau

Von der Systemhaus-Transformation zur digitalen Verwaltung: EuroCloud-Vorstand Bernd Krakau widmet sich neuer Aufgabe

Als EuroCloud Deutschland Bernd Krakau in den Vorstand berief, suchte der Verband einen Branchenexperten, der Systemhäuser und Managed-Service-Provider (MSP) für die Cloud-Transformation sensibilisiert. Vier Jahre, eine Pandemie, zahllose Gespräche, Podien und Artikel später ist die Branche kaum wiederzukennen. Im Interview berichtet Krakau, wie sehr sich der Channel verändert hat und welcher neuen Herausforderung er sich nach seinem Engagement für EuroCloud stellen wird.

Bernd, es fühlt sich an, als ob du in einem anderen Zeitalter in den Vorstand von EuroCloud Deutschland berufen wurdest. Dabei sind gerade mal vier Jahre vergangen. Was war da los?

(lacht) Alle reden vom exponentiellen Wandel. So fühlt er sich an! Als ich 2019 zur EuroCloud stieß, sollte ich Systemhäuser und MSP für den Wandel in Richtung Cloud sensibilisieren. Für viele in der Branche war die Cloud damals noch Zukunftsmusik. Aber ich hätte selbst nicht erwartet, dass wir alle zusammen so fest auf die Vorspultaste drücken.

Wie kam es zu deinem Einstieg bei EuroCloud?

In den 2010er-Jahren habe ich Multi-Cloud-Geschäftsbereiche für große Systemhäuser wie Bechtle und Datagroup designt und aufgebaut oder deren Geschäftsbereiche transformiert. Daraufhin bat mich EuroCloud Deutschland, meine Erfahrungen in die Verbandsarbeit einzubringen.

Wie lautete dein Auftrag?

Unser Ziel war, mehr Akzeptanz zu schaffen für Cloud-Bezugsmodelle bei Systemhäusern und MSP. Vor allem den Mittelstand der Branche wollten wir von der Notwendigkeit überzeugen, sein Geschäftsmodell zu überdenken und dem bevorstehenden Wandel der IT-Infrastrukturen anzupassen.

Wo lag aus eurer Sicht der Handlungsdruck für den Channel?

Die Systemhäuser liefen Gefahr, die Cloud- und Geschäftsmodell-Transformation zu verpassen! Viele Anbieter beurteilten das Thema opportunistisch: Sie glaubten, bei Kundenanfragen schnell mit ersten Cloud-Angeboten produktiv sein zu können. Dabei unterschätzten sie, wie anspruchsvoll der Aufbau cloud-basierter Managed Services ist. Angesichts zweistelliger Wachstumszahlen bei den großen Public-Cloud-Plattformen befürchteten wir, dass Systemhäuser mittelfristig ihre Rolle als wichtigster IT-Zulieferer und Trusted Advisor des deutschen Mittelstands verlieren. Heute erleben wir, dass keine Digitalisierung ohne Clouds mehr vorstellbar ist.

Was macht den Umstieg auf Cloud-Services so schwierig?

Das Thema Services an sich ist schon eine Herausforderung, selbst ohne Cloud. Wenn ich Handels- und Projektgeschäft mache, verkaufe ich eine einmalige Leistung. Services funktionieren anders: Ich biete eine Dienstleistung dauerhaft an. Meinen Gewinn erwirtschafte ich hierbei nicht durch Provisionen und Stundensätze, sondern durch Effizienz. Dazu muss ich die zugrunde liegenden Prozesse standardisieren und weitgehend automatisieren. Das erfordert eine ganz andere Denkweise als im klassischen Systemhausgeschäft. Außerdem belastet die Umstellung auf dieses Geschäftsmodell einige Jahre die Liquidität: Der Umsatz fließt nicht einmalig und komplett mit Verkauf und Projektabschluss zu, sondern monatlich über eine Vertragslaufzeit von Jahren. Und zu all dem kommen dann noch die technischen Herausforderungen durch die Cloud.

Vor welche Probleme stellt die Cloud den IT-Mittelstand?

Bevor ich nur einen virtuellen Container für Kunden anlege, benötige ich Fachleute, die sich damit auskennen. Der Markt für Cloud-Experten ist leergefegt. Zudem benötigen Systemhäuser strategische Expertise: Wir setzten uns dafür ein, dass Dienstleister und Unternehmen lernen, die passenden Cloud-Modelle für ihre Bedürfnisse auszuwählen und souverän zu kombinieren. Ob Private, Public oder Hybrid Cloud – unsere Botschaft war immer, dass sich der Cloud-Einsatz rechnen muss. Und zwar nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch um Geschäftsprozesse effektiver und anpassungsfähiger zu gestalten.

Was hat dich an deiner Aufgabe für EuroCloud gereizt?

Am wertvollsten waren die vielen persönlichen Begegnungen, gerade auch die kontroversen Diskussionen mit IT-Unternehmern und das Gefühl, den Wandel der Branche ganz vorne mitzugestalten.

Was erwartest du für die Zukunft von EuroCloud Deutschland?

Mit zunehmender Verankerung der Cloud in den IT-Strategien vieler Unternehmen wird der Verband sein Engagement weiterentwickeln und neue Themen ansprechen. Je mehr Unternehmen ihre IT in die Cloud verlagern, desto wichtiger werden Begleit- und Folgethemen der Cloud. Es ist wichtig, dass EuroCloud hierzu weiterhin als verständlicher Vermittler auftritt und aufklärt.

Welche Cloud-Themen werden die Branche in den kommenden Jahren beschäftigen?

Ein Hauptthema ist sicher künstliche Intelligenz. Sie stellt einen Quantensprung in der IT dar und wirft viele ethische Fragen auf. Hier ist bereits der eco als Dachverband von EuroCloud Deutschland engagiert. Für EuroCloud Deutschland und seine Mitglieder relevant ist ein weiteres zentrales Thema: Cyber- und Cloud-Sicherheit.

Wie verändert sich die Sicherheitslage durch die Cloud?

Fast alles ist heute cloudifiziert. Jede digitale Innovation nutzt Cloud-Infrastrukturen. Doch damit verschieben sich auch die Risiken: Der Perimeter einer lokalen Unternehmens-IT ist nicht mehr der Hauptvektor von Cyberangriffen, sondern die virtuellen Instanzen eines Unternehmens auf den verschiedenen Cloud-Plattformen. Das wird aktuell noch völlig unterschätzt und vernachlässigt. Der Aufklärungsbedarf hierzu ist riesig. Cyber-Security ist ein existenzielles Thema, denn Sicherheitslücken haben auch in der Cloud gravierende Folgen.

Zum Jahreswechsel hast du eine neue Aufgabe übernommen und wirst EuroCloud Deutschland leider verlassen, um dich ganz darauf zu konzentrieren. Bitte verrate uns, auf welches Thema du dich als nächstes stürzt!

Meine neue Aufgabe führt mich zurück in meine Heimat, ins Ländle. Und ich ahne, dass die Transformation diesmal noch herausfordernder wird als bei der Systemhausbranche. Mein neues Thema ist die digitale Verwaltung. Als Chief Service Officer arbeite ich mit meinen Teams bei Komm.ONE , dem IT-Dienstleister Baden-Württembergs, an der Digitalisierung der Verwaltung von Land und Kommunen. Wir wollen dazu beitragen, die digitale Souveränität von Bürgerinnen und Bürgern zu sichern und zugleich digitale und effektive Verwaltungsdienste aufzubauen. Ich freue mich darauf, meinen Beitrag zu leisten für eine zukunftsfähige Gestaltung unseres Bundeslandes.

Lieber Bernd, herzlichen Dank für dieses Interview und dein Engagement. Wir wünschen dir alles Gute für deine neue Aufgabe bei Komm.ONE und freuen uns auf Neuigkeiten von dir aus dem Süden!


Das Gespräch führte Thomas Sprenger für EuroCloud Deutschland.

Bernhard Kupfer

Head of Finance & Controlling bei bmp greengas GmbH

8mo

Lieber Bernd, ich wünsche dir viel Glück und Erfolg bei deiner neuen anspruchsvollen Aufgabe! Liebe Grüße Benno

Lieber Bernd, da steigt tatsächlich meine Hoffnung für die Zukunft unserer Heimat. Das ist so dringend notwendig. Ich wünsche Dir viel Erfolg in der neuen Aufgabe. Bin gespannt auf Dein Wirken 😀 Herzliche Grüße

Peter Koller

Senior Projektmanager bei EuroCloud Germany

8mo

Viel Erfolg bei deiner neuen Aufgabe!

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